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Gamification: Wir erschaffen eine andere Art des Arbeitens

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Jay Latta Jay Latta ·
5 Minuten

Wir leben in immer komplexeren Zeiten. Die Abhängigkeiten innerhalb unserer Tätigkeiten werden größer. Generalisten haben es schwerer, da ein sehr hoher Grad an Spezialisierung erforderlich wurde.

Eine verbreitete Möglichkeit ist natürlich die Prozesse, Workflows und Zuständigkeiten so detailliert wie nur möglich zu beschreiben, um eine Steuerbarkeit zu ermöglichen … Naja, meistens wird nur die Kontrollierbarkeit angepeilt, mit einem Interesse an Optimierung (der Kosten). Wenn man dagegen die Betroffenen einbezieht und ihnen die Möglichkeit gibt, auch mal links und rechts zu schauen, erlebt man eine echte Effizienz abseits der Buchhaltung.


Einige Bereiche versuchen verstärkt durch Gamification bessere Ergebnisse zu erzielen … Also durch den Einsatz von Spiel-Elementen in Tätigkeitsbereichen außerhalb von Spielen.

Der britische Computerspielexperte Richard Bartle prägte den Begriff Gamification bereits 1978, ernsthaft wird die Idee jedoch erst seit 2012 vor allem in den USA umgesetzt.


Wie kann man sich das vorstellen?

Die üblichen Anwendungsfälle finden sich im Bereich der

Mitarbeiterschulung:

  • Durch die Anpassung der Lerngeschwindigkeit im Training und die Regulierung des Schwierigkeitsgrads lassen sich Schulungen (wie ein Spiel) individuell auf Nutzer einstellen, was das individuelle Lernen verbessert.
  • EPICSAVE – Enhanced ParamedIC vocational training with Serious Games and Virtual Environments; ein auf VR-Technologie basierender Serious-Game-Simulationsansatz soll angehende Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter auf sonst kaum trainierbare Notfälle vorbereiten.
  • GaBa_LEARN – Game Based Learning in Nursing.

Konsumentenbereich:

  • Bonusprogramme, kleine Spieleinheiten, Apps. Treuepunktesysteme mit dem Ziel, die Kundenbindung an einen bestimmten Anbieter zu erhöhen: Treuepunkte im Supermarkt, Vielfliegerprogramme, sogenannte »Token Economy«.
  • Motivierung und Kommunikation.

Verkauf und Fertigung:

  • Leaderboards: Leistung einzelner Mitarbeiter oder Teams werden in Beziehung gestellt. Ist zu Recht umstritten, da Gewinner und Verlierer gegeneinander ausgespielt werden, Konkurrenzdenken gefördert wird statt Kooperation und Kollaboration.

Gesundheitssektor:

  • Versicherungen versuchen durch Cashback Programme die Versicherten zu motivieren.

Recruiting:

  • »Recruitainment« des französischen Bahnunternehmens SNCF: die Bewerber mussten über einen Zeitraum von sechs Monaten u. a. einen Zug erschaffen, dazu Big Data nutzen und ein neues Metro-System für eine Million Reisende konzipieren.

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Kritikpunkte

Jedoch gibt es kein durchgängiges oder standardisiertes Konzept durch die unterschiedlichen Zielsetzungen je nach Anwendungskontext. Somit ist die Akzeptanz durch Management und Beschäftigte meist recht herausfordernd.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die tiefgehende Erfassung sämtlicher Aktivitäten der Beschäftigten, da diese Daten als Grundlage für die Vergabe von Belohnungen herangezogen werden. Es entsteht ein »Gläserner Mitarbeiter«.

Bei falschem Einsatz von Gamification können positive Effekte möglicherweise nur von kurzer Dauer sein oder gar ausbleiben; Spieler und Spielerinnen gewöhnen sich im Laufe der Zeit an bestimmte Belohnungen, weswegen diese ihren motivierenden Effekt verlieren.

Einige Spieler und Spielerinnen halten sich nicht an die vorgegebenen Regeln; besteht eine Möglichkeit, innerhalb des gamifizierten Systems zu schummeln, um mehr Belohnungen zu erhalten, so wird dies geschehen.

Aber all das ist doch eigentlich Schnee von gestern.
Übertragen wir doch Spielprinzipien UND eine Spieleumgebung in eine spielfremde Umgebung.

 

Wie haben wir als Kind gespielt?

Wir hatten meistens eine Übersichtsperspektive eingenommen. 
Die Eisenbahn wurde aus dem „Gott“ Modus heraus gesteuert und Störungen wurden frühzeitig identifiziert.

Ok, als Kinder haben wir eher die Störungen eingebaut. Das Matchbox Auto auf den Gleisen, oder das Kuscheltier der Geschwister. Fakt ist, dass diese Art der Gamification eine neue Perspektive eröffnet und multiperspektivisches Denken fördert.

Das „Hineinversetzen“ in eine Baustelle. Von oben den Kran, Kipper, Bagger usw. dirigieren ist sehr effizient. Jedes Baustellenfahrzeug lässt sich fernsteuern, nur dass der Mensch (noch) daneben steht und in den Himmel starrt.

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Während der Pandemie gab es erste Proof of Concepts wie mit Hilfe einer VR- oder MR-Umgebung dieses multimodale und interoperable „Remote Robotics“ funktionieren kann … By the way in China wurde schon länger mit solchen Konzepten im Bergbau gearbeitet, nur ohne VR. Genauso könnte auch moderne Landwirtschaft funktionieren.

Konzept wie die Siedler, Sim City usw. können zur Steuerung der Digital Twins in der Realität eingebaut werden. In den USA gibt es Testinstallationen, in denen der Fluglotse nicht mehr in seinen Radarschirm starren muss, sondern den Flughafen von oben sieht. Mit seinen Kollegen „um den Spieltisch“ herum gehen, um seine Arbeit aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu sehen. Durch Unterstützung von Vorhersagemodellen und Mustererkennung ist der Mensch weitgehend entlastet und kann sich auf den eigentlichen Job konzentrieren. Einige Funktionen könnten auch teil- oder sogar vollautonom ablaufen. Der Gamemaster hat es ja im Blick.


Wir erschaffen momentan eine andere Art des Arbeitens.
Dann könnte der Experte auch im Pyjama vom Homeoffice aus arbeiten.

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Jay Latta ist Technologiestratege, Visionär und Investor mit über 35 Jahren Erfahrung in Industrie, Informationstechnologie und Innovation. Der Keynote Speaker arbeitet international auch als Tech-Journalist und hat seinen eigenen Thinktank aufgebaut. Seine Passion sind Cross-Innovationen und die Analyse komplexer Technologien und Systeme, die klare Definition umsetzbarer Erkenntnisse und die Unterstützung von C‑Suites bei der Umsetzung effektiver Technologielösungen. Mehr Informationen zu Jay Latta finden Sie hier.

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