Kartenschatten

Newsroom

Unternehmenskultur ein Gesicht geben: Interview mit Daniel Sieber

Workspaces of Tomorrow

Daniel Sieber – Sieber GmbH
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
6 Minuten

Heute sprechen wir mit Daniel Sieber über Veränderungsprozesse im Büro und die Herausforderung, Unternehmenskultur den richtigen Raum zu geben. Mit einem interdisziplinären Team gestaltet der Inhaber der SIEBER GmbH Arbeitsplätze und Arbeitsräume. Zu seinen Kunden zählt seit 2016 unter anderem die New Work SE und deren Marke kununu. Für sie entwickelt er Büroflächen, die Unternehmensidentität sichtbar machen.

Sie entwickeln mit Ihrem Team Raumkonzepte, die die Identität und die Kultur von Unternehmen widerspiegeln. Können Sie uns das am Beispiel NEW WORK SE erläutern?

 

Wir verstehen Büroplanung nicht als reine Designaufgabe, sondern wollen mit dem Blick ins Innere des Unternehmens, auf die Prozesse und die Kultur ein inspirierendes Umfeld schaffen, das motiviert, Kreativität fördert und Arbeit optimal unterstützt. Bei der Realisierung des kununu Headquarters in Wien 2016/2017 haben wir auf die Sichtbarkeit der österreichischen Identität geachtet und Elemente der Wiener Stadtkultur in das Büro integriert. Die Besprechungsräume trugen nicht nur die bekannten Namen Prater und Albertina, sondern waren auch so gestaltet, dass der Bezug zu den Originalen spürbar wurde. Auch der Stephansdom fand sich in den Räumen wieder.

Lesen Sie auch

New Work Harbour. Foto: Simon Bauks
Lernwelt Büro Highlights der New Work Experience 2023: Die Trends der Arbeitswelt im Blick

Zwei Jahre später haben Sie in Wien das Projekt NEW WORK Base umgesetzt, bei dem drei Standorte von NEW WORK SE eine neue Heimat gefunden haben. Was stand am Anfang dieses Auftrags?

 

Das Projekt startete Anfang 2019. Das neue Büro sollte den drei Tochterunternehmen der NEW WORK SE, XING E‑Recruiting, kununu und Prescreen, eine neue Heimat bieten, da durch das Wachstum die bisherigen Flächen zu klein wurden. Gesucht wurde ein Gebäude, in dem sich neue Arbeitsformen für digitale, junge und moderne Unternehmen abbilden lassen. Fündig wurden wir in einem ehemaligen Bankgebäude aus dem Jahr 1906, das mit seinem Grandhotel-Charakter die Brücke zwischen Tradition und Moderne schlug. Projektziel war es, die Dynamik des Unternehmens in diesem altehrwürdigen Gebäude sichtbar zu machen. Gleichzeitig wollten wir das Büro als Plattform gestalten, die den Mitarbeitern ein breites Spektrum an Möglichkeiten bietet, also genau das, was ein Homeoffice nicht leisten kann.

Impressionen der NEW WORK Base:

Empfang
Empfang
Aufenthaltsbereich
Aufenthaltsbereich
Küche
Küche
Kollaboration und Silent Work
Kollaboration und Silent Work
moderne Arbeitszone
moderne Arbeitszone
Locker
Locker
Meetingraum
Meetingraum
Cafeteria
Cafeteria
Silent Room
Silent Room

Sie sagen, das Büro muss ein breites Spektrum an Möglichkeiten bieten und sich Flexibilität bewahren. Wie konkretisieren Sie in Ihren Projekten den Raumbedarf?

 

Ein erfolgreiches Projekt braucht eine sorgfältige und fundierte Bedarfsermittlung. Das machen wir mit Workshops, in die ein Querschnitt der Mitarbeiter einbezogen wird. Erfolgreiche Veränderungsprozesse brauchen Kritiker und Befürworter, Skeptiker und Optimisten. Auf diese Mischung kommt es an. Im Projekt NEW WORK Base haben wir mit Workshops angefangen, in denen wir die Funktionsweise des Unternehmens und die Arbeitsweisen der Mitarbeiter ermittelt haben. Ergänzende Online-Befragungen dienten der Klärung von Kommunikations- und Aktenbedarfen. Benannte Projektverantwortliche, im Fall der NEW WORK SE aus den Bereichen IT, Office Management und Personal, nahmen regelmäßig an Sounding Boards teil und stellten die Kommunikation nach innen und das Einholen von Feedback aus der Organisation sicher. Eine aktive Beteiligung der Mitarbeiter im Sinne von Anforderungsbenennung, Bedarfsermittlung und Korrektur ist für Projekte neben dem engen Austausch mit den Führungskräften immer sehr wichtig.

Zitat Symbol

„Erfolgreiche Veränderungsprozesse brauchen Kritiker und Befürworter, Skeptiker und Optimisten.“ Daniel Sieber

Lesen Sie auch

Robert Thiemann, FRAME
Manifest für die Zukunft FRAME-Manifest – fünf Eckpunkten der Gestaltung von Räumen

Veränderungsprozesse stoßen nicht immer auf reine Begeisterung. Mit welchen Ängsten fühlen sich Mitarbeiter in Raumprojekten konfrontiert?

 

In uns Menschen ist verhaftet, dass die aktuelle Situation immer die beste ist. Meist wollen wir lieber nichts ändern. Veränderte Arbeitswelten gehen daher oft mit Ängsten einher, die es zu überwinden gilt. Es gibt Mitarbeiter, die Angst vor technologischer Überforderung haben. Andere fürchten den Verlust der Privatsphäre. Und oft stellt sich die Frage nach der Akustik. Was passiert, wenn alle Kollegen ins Büro kommen? Kann ich mich dann noch konzentrieren? Trotz aller Ängste ist es wichtig, die Mitarbeiter persönlich abzuholen. Beispiel Akustik. Ich arbeite hier immer gern mit der Frage: „Was braucht man, um ein Buch konzentriert zu lesen?“ Viele Bücher werden am Strand gelesen. Und seien wir ehrlich: Wenn man die Augen schließt und genau hinhört, ist es am Strand sehr laut. Ich höre Meeresrauschen, Kinder, die herumspringen, Musik.“ Allein dieses Beispiel kann die Angst davor nehmen, dass Konzentrationsfähigkeit an absolute Stille gebunden ist.

Welche Tipps können Sie unseren Lesern für die Planung von Raumprojekten geben?

 

Die oberste Devise für mich ist immer, nicht 1 mal 1.000 zu sehen, sondern 1.000 mal 1. Sprich, einzelne Anliegen der Mitarbeiter zu berücksichtigen. Tipp 2 ist, die Einbindung der Mitarbeiter immer individuell zu definieren. Es geht immer um den jeweils besten Weg, Raumbedarfe zu identifizieren. Es gibt also nichts, was wir standardmäßig bei Kunden wiederverwenden. Wir fangen immer bei null an. Man muss jedes Unternehmen individuell verstehen und überlegen, wie man am besten herausfindet, was es für das neue Büro braucht. Das kann eine Online-Umfrage sein, ein Puzzle-Workshop oder ein anderes Tool. Tipp 3: Nur so viel Beteiligung wie nötig. Die gewissenhafte Bedarfsermittlung ist Aufgabe der Experten, die Beteiligung der Mitarbeiter sehe ich eher als Korrektiv. Tipp 4: Bei einem Gesamtkonzept immer konsequent vorgehen. Last, but not least: Es geht nicht nur darum, New-Work-Konzepte umzusetzen, sondern Konzepte im Stil von New Work und damit zur freien Entfaltung der Mitarbeiter und zur Förderung ihrer Kreativität. Dazu gehört ein umfassendes Verständnis des Unternehmens und die Fähigkeit, zwischen den Zeilen zu lesen.

Herr Sieber, vielen Dank für das Gespräch.

Daniel Sieber ist geschäftsführender Gesellschafter der SIEBER GmbH. SIEBER gestaltet seit 45 Jahren Arbeitsplätze und Arbeitsräume. Inspirierende, effiziente und ökonomische Büros, die den sich ständig verändernden Arbeitswelten flexibel folgen können. Mehr Informationen unter https://sieber.berlin/.

Titelbild: Daniel Sieber
Die Bilder der NEW WORK Base wurden von SIEBER Berlin zur Verfügung gestellt.